Refurbishment in der Praxis



27.01.2016

Der technologische, gesellschaftliche und rechtliche Wandel führt neben dem knapper werdenden Wohnraum dazu, dass Immobilien regelmäßig Updates benötigen. Acht Beispiele aus der Praxis verdeutlichen die große Bandbreite von Revitalisierungsprojekten.

Wir leben in einer Zeit der Dynamisierung. Die Städte gewinnen als Anziehungspunkte immer größere Bedeutung, so dass immer mehr Menschen in die Städte ziehen. Frei verfügbarer Raum ist dort keine nachwachsende Ressource, so dass Neubauten immer seltener werden. Die Zyklen, in denen bestehende Gebäude wieder erneuert werden müssen, verkürzen sich ebenfalls dramatisch. Ebenso wird durch die technologischen und damit einhergehenden gesellschaftlichen Neuerungen die Arbeitswelt dynamisiert. Das Synonym für unsere Zeit ist deswegen: das Update.

Der technologische, gesellschaftliche oder rechtliche Wandel führt auch dazu, dass Immobilien regelmäßig Updates benötigen – dort Refurbishment genannt. Die jeweils unterschiedlichen Hintergründe, Herausforderungen und Ziele von Refurbishment machen in der Praxis jedes Projekt einzigartig. Die folgenden 8 Beispiele aus meinem Arbeitsalltag bei meyerschmitzmorkramer sollen die große Bandbreite von Revitalisierungsprojekten aufzeigen.

„Am Seestern 24, Düsseldorf – Refurbishment und der Erhalt von prägenden Orten“

Der Seestern war ein Düsseldorfer Vorzeigeprojekt der 60er-Jahre. Um die Innenstadt zu entlasten, sollte ein modernes Business-Areal entstehen. Immer mehr Unternehmen bauten hier ihre Firmensitze. Die ersten Gebäude aus dieser Zeit, wie die von Horten oder Xerox, stehen heute unter Denkmalschutz. Außerdem gibt es heute europaweit keinen vergleichbaren Standort, an dem so viele Unternehmen aus der Mobilbranche vertreten sind, die sich dort seit den 90er-Jahren angesiedelt haben. Dennoch tut sich der Seestern heute schwer, sich als Bürostandort zu behaupten, wurde die Bausubstanz in den vergangenen Jahrzehnten doch stark vernachlässigt. Die Erhaltung des Bestands an Gebäuden ist entsprechend wichtig und ebenso die Anpassung an die heutigen Anforderungen moderner Arbeitswelten. Da das Büroviertel autogerecht geplant wurde, gibt es nach wie vor eine ideale Verkehrsanbindung – in die Stadt, die Region und zum Flughafen – und durch eine Fahrrad-Offensive und E-Mobilität den Versuch, den Verkehr nachhaltig zu entwickeln. Der Wert des Assets lässt sich durch zwei Maßnahmen steigern: Die Arbeit an den strukturellen Problemen der Gebäude einerseits und der Weiterentwicklung des Viertels als Ganzes andererseits.

Das neungeschossige Hochhaus Am Seestern 24 bietet insgesamt 10.000 Quadratmeter moderne Büroflächen. Das Gebäude wurde 2005-2006 kernsaniert und entspricht seither den Ansprüchen und Standards einer neuwertigen Immobilie. Das Kunststück bei der Revitalisierung bestand darin, ein in die Jahre gekommenes Bürogebäude überhaupt wieder mit Leben zu füllen. Das Gebäude aus der Frühzeit des Seesterns stand jahrelang leer, die Fassade war unattraktiv und die Haustechnik auf einem völlig veralteten Stand. Bewusst haben wir uns hier dazu entschieden, dem Haus mit seiner markanten weißen Fassade einen neuen Charakter und somit auch einen neuen Markenkern zu geben. Heute, nach dem Refurbishment, erfreut sich das auf Hochglanz gebrachte Gebäude größter Beliebtheit.

„Dornbusch 2, Hamburg – mehr Attraktivität führt zu mehr Rentabilität“

Gewerbeimmobilien und Geschäftshäuser sind in ihrer Gestaltung oft sehr funktional. Beim Bau stehen Kosten und nicht das Aussehen im Fokus. Ideale Voraussetzungen für ein Refurbishment wie im Fall des Bürogebäudes im Dornbusch 2 in Hamburg. Soweit es die Statik zulässt, können solche Immobilien im Zuge des Refurbishments aufgewertet werden, indem man sie aufstockt. Im Falle des Projekts Dornbusch 2 war sogar eine Aufstockung um zwei Stockwerke möglich. Die Hauptaufgabe bestand jedoch darin, die Fassade zu erneuern und gleichzeitig das Ausbauraster zu optimieren. Das Erdgeschoss wurde dabei neu definiert. Raum wurde hinzugewonnen und die Lobby neu gestaltet.

Wenn ein Refurbishment wie dieses durchgeführt wird, geht es mir nicht nur um bloße Verschönerungsmaßnahmen. Das ist nicht das eigentliche Ziel von Refurbishment. Vielmehr geht es darum, ein in die Jahre gekommenes Gebäude zu aktualisieren, attraktiver und damit auch wirtschaftlich rentabel zu machen. Büroräume sind nicht einfach nur der Ort, an den ich jeden Tag zur Arbeit gehe. Es sind Arbeitswelten, die die Identität und den Markenkern meines Unternehmens widerspiegeln. Mitarbeiter identifizieren sich nicht nur mit den Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens, sondern auch mit der Arbeitsumgebung.

Frankfurter Volksbank, Frankfurt am Main – Modernisierung, Erhalt und Erweiterung“

Für Frankfurter Verhältnisse ist das Bürogebäude in der Börsenstraße 7-11 bescheiden: Mit gerade einmal sieben Geschossen fällt der neue Firmensitz der „Frankfurter Volksbank“ im Verhältnis zu den hohen Bankentürmen in der Innenstadt überschaubar aus. Das Raumangebot selbst ist allerdings alles andere als gering. Die einzelnen Geschosse sind sehr weitläufig, so dass immerhin 25.000 Quadratmeter Bürofläche zusammenkommen.

Die Revitalisierung des Bürogebäudes, in dem früher die R+V Versicherung ihren Sitz hatte, erfolgte in zwei Bauabschnitten. In der ersten Bauphase wurden die Fassade und die Haustechnik erneuert. In der zweiten Phase wurde das bestehende Gebäude mit einem Neubau ergänzt. Alt und Neu greifen dabei nahtlos ineinander und bilden ein organisches Ganzes. Die revitalisierten Gebäudeteile entsprechen in ihrer Ausstattung demselben hohen Niveau wie der des Neubauteils.

KölnTurm, Köln – Light Refurbishment + Interior Design“

Der KölnTurm ist mit seinen 148 Metern Höhe nicht nur das höchste und am besten sichtbare Hochhaus der Stadt, sondern eines seiner Wahrzeichen. Mehr noch: In der Fassade des Hochhauses spiegelt sich ein weiteres Wahrzeichen Kölns – der Kölner Dom. Der Architekt Jean Nouvel zeichnet sich nicht durch einen einheitlichen Stil aus, sondern dadurch, für jede bauliche Situation die beste architektonische Lösung zu finden. Insofern ist es für ein Gebäude von Nouvel besonders „natürlich“, auf einen aktuellen Stand gebracht zu werden. Refurbishment passt zur Philosophie Nouvels, die Architektur auf die Bedürfnisse der Menschen abzustimmen.

Im Falle des KölnTurms ging es nur um ein ‘Light Refurbishment’ – schließlich ist das Gebäude erst 2001 fertiggestellt worden und entspricht in den meisten Aspekten noch den aktuellen Standards. Dennoch kann es zu gezielten Einzelmaßnahmen kommen, um einzelne Elemente dem Zeitgeist besser anzupassen. Sogar nach einer relativ kurzen Zeit können Gebäude nicht mehr perfekt zu den sich verändernden Anforderungen des Arbeitslebens passen. Darüber hinaus haben wir die Gemeinschaftsflächen modernisiert. Das Interessante an diesem Projekt stellt für mich die Verbindung von Innen und Außen dar. Die Bereiche Interior Design und Architektur gehören für mich fest zusammen und stellen die beiden Seiten einer Medaille dar. Innen und Außen kommunizieren im besten Fall miteinander, nehmen aufeinander Bezug oder stellen einen spannenden Kontrast dar. Um diese Verbindung von Innen und Außen herzustellen, haben wir die Fassade des KölnTurms geöffnet.

„Light Tower, Frankfurt – Refurbishment und der repräsentative Charakter“

Die 1966 von der Deka Investment gebaute Gewerbeimmobilie ist allein durch ihren Standort etwas Besonderes. Sie steht in der direkten Nähe zur Europäischen Zentralbank und kann sich schon deswegen einer besonderen Aufmerksamkeit gewiss sein. Der repräsentative Charakter spielte beim Refurbishment also eine nicht unwesentliche Rolle. Beim Refurbishment des Light Towers wurde die Fassade vollständig erneuert. Doch es ging bei diesem Projekt nicht darum, dem Gebäude eine neue, ansprechendere Hülle zu geben. In den vorgehängten Brüstungen ist zugleich das dezentrale Belüftungssystem integriert. Gleichzeitig wird durch die neue Fassade die Belichtungssituation im Gebäude verbessert und es erhält nicht zuletzt ein repräsentatives Äußeres.

„Cäcilienstraße 30, Köln – Revitalisierung auf Neubau-Niveau“

Das Projekt C30, ein Geschäftshaus aus den 1980er-Jahren in der Cäcilienstraße in der Kölner Innenstadt, verfügt über die drei zentralen Merkmale einer guten Immobilie: Lage, Lage und Lage. Die perfekte Vernetzung mit der Stadt sowie die gute interne Struktur des Gebäudes machen es als Gewerbeimmobilie geradezu perfekt. Betrachtet man das Erscheinungsbild der Fassade des alten Bestandes, würde man nicht zu träumen wagen, dass hier ein begehrter Bürokomplex auf modernstem Niveau entsteht. Das Ergebnis des Projekts C30 steht ganz im Zeichen des Hauptziels von Refurbishment: Am Ende soll für die zukünftigen Nutzer keine Einschränkung gegenüber einem Neubauprojekt bestehen.

Im Inneren stellen wir dies durch modernste Haustechnik wie Cat-7-Verkabelung, hohe Deckenhöhen und erhöhten Schallschutz sicher. Wie bei einem Neubau lassen sich die einzelnen Büroetagen ganz individuell gestalten und den jeweiligen Bedürfnissen anpassen. Durch die Zertifizierung zum EU-Green-Building gewährleisten wir ein grünes, nachhaltiges und wirtschaftliches Gesamtkonzept. Das Ziel, sich mit einem modernen Neubau messen zu können, reflektiert auch die Fassade von C30: Wüsste man nicht, dass es sich um ein Revitalisierungsprojekt handelt, würde man die übergroßen Fensterflächen und die Ziegelfassade kaum mit dem ursprünglichen Bestand aus den 80ern in Verbindung bringen.

„Domstraße 10, Hamburg – Refurbishment und die Identität einer Stadt“

Bei der Domstraße 10 in Hamburg handelt es sich um ein Gebäudeensemble aus zwei ehemaligen Kontorhäusern und einem Neubau aus den 60er-Jahren, der stadtprägend war. Für Hamburg als Hafen- und Handelsmetropole ist der Bautyp des Kontorhauses geradezu ein Markenzeichen. Sie zu erhalten bedeutet, einen Teil der Identität der Stadt zu erhalten. Das Bürogebäude in der Domstraße 10 stand leer, als der Bauherr Art-Invest sich dazu entschloss, das Bürogebäude zu revitalisieren. Das Refurbishment betraf bei diesem Projekt nicht nur die Revitalisierung des alten Bestandes, sondern auch die des bereits bestehenden Neubaus. Die Fassade des bestehenden Kontorhauses wurde saniert und der Neubau erhielt eine Fassade aus senkrechten Keramiklisenen. Die Formensprache des Neubaus weist es zwar klar als ein modernes Bürogebäude aus, knüpft aber mit seinen Materialien an die Tradition der Kontorhäuser an.

„Altes Klöpperhaus,Hamburg – Denkmalschutz und der Unique Selling Point“

Beim Projekt Altes Klöpperhaus handelt es sich ebenfalls um ein ehemaliges Kontorhaus in Hamburg. Das Besondere in diesem Kontorhaus sind – neben der beeindruckenden Fassade – die großzügigen Räume. Das Gebäude diente dem Wollhandelunternehmen Klöpper als Büro- und Lagerhaus. Letzteres erklärt die großzügigen Dimensionen und erlaubt heute eine neue Strukturorganisation. Hier lassen sich nun Raumkonzepte für eine moderne Arbeitswelt verwirklichen. Für diesen Zweck wurden die Räumlichkeiten umgebaut und eine Lichtkuppel auf das Gebäude aufgesetzt. Dadurch gelangt noch mehr Licht in das Gebäude, was seinen hellen, durchlässigen und großzügigen Charakter unterstreicht. Die Großzügigkeit stellt den Markenkern des repräsentativen Gebäudes dar, das es zu allen Seiten hin zeigt: Die Steinfassade des Klöpperhauses mit ihren Figuren und Ornamenten steht unter Denkmalschutz, was beim Refurbishment eine zusätzliche Herausforderung darstellt.


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