Glaubensbekenntnis:
Spirituelles mit Architektonischem vereint.



18.08.2017

Ein Ort des Glaubens sensibel in die Zukunft geführt: die denkmalgeschützte Abtei Michaelsberg ragt imposant über Siegburg. Ab 2014 wurde sie von meyerschmitzmorkramer umgebaut. Jetzt ist ein modernes Tagungszentrum mit spektakulärem Anbau entstanden, das Angela Merkel bei der Einweihung als „Kleinod“ bezeichnete.

Ein aus dem Fels wachsender Steinkubus, eine gläserne Brücke, die die ehemalige Benediktiner-Abtei auf dem Michaelsberg mit dem Neubau verbindet, dazu eine Terrasse, die atemberaubende Blicke über das Rheintal erlaubt.

Das architektonische Ensemble am Michaelsberg in Siegburg wurde gerade von Angela Merkel eingeweiht. Als „Kleinod“ bezeichnete die Bundeskanzlerin es beeindruckt und schon am ersten Wochenende lockte das Ensemble rund 6000 Architekturbegeisterte nach Siegburg.

Im Auftrag des Erzbistum Kölns entstand für das Katholisch-Soziale Institut (KSI) ein hochmodernes Tagungszentrum mit 121 Hotelzimmern, Restaurant und Konferenzsälen. Ein reduzierter Entwurf, bei dem die Gegensätze von Tradition und Fortschritt, Historie und Zukunft, harmonisch in die Landschaft eingefügt wurden.

„Für uns war es wichtig, die berühmte Silhouette der Abtei nicht zu verändern“

„Für uns war es wichtig, die berühmte Silhouette der Abtei nicht zu verändern“, unterstreicht Architekt Caspar Schmitz-Morkramer. „Wir wollten keine stilistische Spielerei, sondern ein klares Gebäude schaffen, das bei Betrachtung Ruhe vermittelt und Spirituelles mit Architektonischem vereint.“

Besucher sehen den Michaelsberg schon von Ferne aufragen, das letzte Stück des Weges führt auf den neuen Vorplatz. Hier lagert die imposante Abtei auf mächtigen Stützmauern. Zu ihren Füßen bettet sich der Neubau, das sogenannte Forum. Eine Besonderheit: Rund 90 bis zu 15 Meter tiefe Bohrpfähle wurden parallel zum Westflügel der Abtei in den Fels eingelassen, um den Boden für den Neubau vorzubereiten.

„Es galt, ergänzender Teil der Landschaft zu werden, ohne diese zu verletzen.“

Die Architekten haben sich bei ihrer Planung intensiv mit den Materialien von Berg, Fels und Stein auseinander gesetzt. „Die Identität des Ortes zu bewahren, hatte für uns Priorität“, so Caspar Schmitz-Morkramer, „es galt, ergänzender Teil der Landschaft zu werden, ohne diese zu verletzen.“

So scheint der Neubau direkt aus dem Fels zu wachsen, seine Hülle aus Wachenzeller Dolomit knüpft an Farben und Topografie des Ortes an. Die Architektur wird zur Komposition, Störendes dem Auge erspart: Die Autos der Mitarbeiter und Besucher verschwinden behutsam in der im Sockel gelegenen Tiefgarage.
Mit einer wie ins Massiv eingeschnittenen Eingangshalle öffnet sich das Forum den Besuchern. Die letzten Höhenmeter werden mit einem Glasaufzug überwunden, der in einem gläsernen Pavillon endet und die Sicht auf Bonn und das Siebengebirge freigibt.

Klar und eindeutig hat meyerschmitzmorkramer die Fuge zwischen den beiden Baukörpern inszeniert. Die Trennung zwischen Alt und Neu bleibt scharf, überwunden wird sie nur an zwei Stellen mit schmalen, verglasten Brücken.

„Architektur hat das Potential zwischen dem Betrachter und der Welt, zwischen Alt und Neu, zu vermitteln“

„Architektur hat das Potential zwischen dem Betrachter und der Welt, zwischen Alt und Neu, zu vermitteln“, betont Caspar Schmitz-Morkramer. So erlebt man überall das harmonische Miteinander von gewachsener und neuer Struktur.

Der großzügige, gläserne Pavillon auf dem Dach des neuen Forums wurde zur Lounge erweitert. Hier oben können Besucher in Kürze eine grüne Oase genießen: Die begehbaren begrünten Dachflächen werden zum Verweilen einladen. Durch die Gliederung in unterschiedlicher Materialität wirkt das Gebäude weder massiv noch voluminös. Hohe, schmale Fenster, die viel Licht in den Innenraum transportieren und durch Panorama-Landschaftsfenster ergänzt werden, kommunizieren Transparenz.

Loggien fügen sich als Aussichtsfenster in die Fassadengestaltung und bilden große, geöffnete Bereiche. „Mit dem Neubau haben wir der Abtei eine moderne Komponente gegenüber gestellt. Wichtig für uns war, dass die beiden Häuser kommunizieren und funktionieren, nicht konkurrieren“, so Schmitz-Morkramer.

Ausgearbeitet wurde auch ein übergeordnetes Farb- und Materialkonzept, um Abtei und Forum optisch miteinander zu verbinden. Dabei dominiert Naturstein auf den Böden, warmes Eichenholz an Fenstern, Türen, Böden, Handläufen und der gesamten Möblierung. Die Architekten haben mit wenigen Materialien und daraus abgeleiteten Farben einen Grundton entwickelt, der Beziehungen schafft – zwischen Räumen, Menschen und einem gewachsenen Ort.

Für die 121 Gästezimmer war es dem Bauherren und den Architekten wichtig, eine Atmosphäre entstehen zu lassen, die nicht an ein gewöhnliches Hotelzimmer erinnert.

Die Zimmer, wirken frisch und modern. Die Farbgestaltung findet sich punktuell, klösterlich ist der bewusste Verzicht auf Unnötiges. Die Atmosphäre im ehemaligen Konvent ist auch nach dem Umbau bewusst ruhig und unaufgeregt. Immer wieder laden kleine Sitznischen im Kreuzgang und Kirchgarten zum kontemplativen Verweilen ein. Ein ganz besonderer Ort ist der Raum der Stille. Ein Fenster erlaubt von hier aus Einblicke in die Kirche – direkt auf den Altar.

 

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