Architektur am Arbeitsplatz
früher, heute und morgen



16.10.2014

Architektur und Raumgestaltung können nicht nur die Motivation der Mitarbeiter, sondern auch deren Produktivität positiv beeinflussen. Dafür müssen sie sich an moderne Arbeits- und Unternehmenskulturen sowie neue Kommunikationsformen anpassen.

Filme aus den 50er und 60er Jahren machen – neben den damals angesagten modischen Trends – eines deutlich: Die Architektur und Gestaltung deutscher Arbeitsplätze hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. Der Prozess geht weit über die sichtbaren und optischen Veränderungen hinaus. Die Arbeitswelten haben sich auch ganz grundlegend im Blick auf Arbeits- und Unternehmenskultur sowie die Kommunikation in Teams und zwischen Mitarbeitern verändert.

Architektur und Raumgestaltung spielen auch bei diesen Aspekten eine zentrale Rolle und beeinflussen nicht nur die Motivation der Mitarbeiter, sondern auch deren Produktivität. Um die Entwicklung und Veränderung deutscher Arbeitsplätze und -welten zu verstehen, werfen wir einen Blick zurück in der architektonischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland.

„Historische Entwicklung deutscher Arbeitswelten“

  • 1900 – 1920 – Die ersten Kontorhäuserentstehen in Hamburg, ein bekanntes Beispiel ist das Klöpperhaus. Auch die ersten Hochhäuser – beispielsweise mit dem Hansahochhaus in Köln oder dem Wilhelm-Marx-Haus in Düsseldorf – werden angegangen. Es dominieren offene Strukturen.
  • 1920 – 1945 –  Große Verwaltungsgebäude wie Chilehaus Hamburg entstehen. Das Gebäude der IG Farben in Frankfurt zeigt die klassische Zellen-Struktur. Dadurch wird auch das später bekannte Bild des typischen Behördenganges geprägt, der von vielen, meist verschlossenen, Verbindungstüren und geringer Kommunikation geprägt ist.
  • 1945 -1965 – In der deutschen Wiederaufbauphase hält die Leichtigkeit in der Architektursprache Einzug. Elegante Materialien kommen zum Einsatz, dennoch prägen weiterhin Zellen das Bild. Bekannte Beispiele dieser Architektur sind unter anderem das Dreischeibenhaus und das Aluminiumhaus in Düsseldorf sowie das Axel Springer Haus in Hamburg. Trotz der transparenter werdenden Architektur verändert sich strukturell nichts.
  • 1965 – 1980 – In dieser Phase nimmt der Trend zu großen Verwaltungsgebäuden mit Übertiefen seinen Anfang. Das Großraumbüro tritt in Deutschland beispielsweise in der Horten Hauptzentrale in Düsseldorf und dem Lufthansa Gebäude in  Köln seinen Siegeszug an. Viele Gebäude werden in ihrer Sprache noch technoider, die hier verwendeten Materialien rücken in den Hintergrund. Große übertiefe Strukturen bestimmen das Arbeitsbild und folgen dem Beispiel des Cubicle aus Amerika. Arbeitsplätze werden größtenteils mit Kunstlicht und mechanischer Lüftung versorgt. Der Bau von Bürostädten wird – unter anderem beim Seestern in Düsseldorf, der Bürostadt Niederrad in Frankfurt und der City Nord in Hamburg – vorangetrieben.
  • 1980 – 1995 – Nach dem Hype folgt die Abkehr vom Großraumbüro, in der einsetzenden Postmoderne rückt der Mensch wieder als Maßstab in den Fokus der Architektur. Das Gruner & Jahr Gebäude in Hamburg, die Siemenszentrale von Richard Meier in München und die Deutsche Bank Türme in Frankfurt sind Symbole dieser Entwicklung. Das Arbeiten findet nach wie vor in klassischen Zellenstrukturen statt, die jedoch nach und nach mit offeneren Welten kombiniert werden. Das Kombibüro hält Einzug in die Büroarchitektur.
  • ab 1995 – Mit diesem Schritt beginnt die Differenzierung der Arbeitswelten. Anwälte und Unternehmensberater arbeiten nach wie vor in Zellen, Großraumbüros kehren unter dem Namen “Teamflächen” zurück. Zwei Trends dominieren die Entwicklung: Einerseits repräsentative Büros, beispielsweise m Frankfurter Opernturm mit Zellenstrukturen.  Andererseits offene, kommunikative Strukturen, wie beispielsweise bei Unilever in Hamburg. Ein Megatrend ist jedoch, dass die Nutzer nicht mehr für sich selber bauen, sondern, wie der der Spiegel in Hamburg, bauen lassen. Auch Gebäude, die bereits geplant wurden, werden verstärkt angemietet und nur noch die vorhandenen Flächen gestaltet. Die Flexibilität in Bezug auf unterschiedliche Möblierbarkeiten wird in der Architektur immer wichtiger.

„Aktuelle und kommende Trends“

Ein neuer Trend entsteht zudem im Silicon Valley. Hier versuchen Firmen weniger repräsentativ zu bauen und legen stattdessen immer mehr Wert auf Kommunikation und Mitarbeiterzufriedenheit. Es sollen Welten geschaffen werden, die einerseits kommunikativ- und kreativitätsfördernd sind und andererseits von den Mitarbeitern geliebt werden.

Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass die meisten Menschen am Arbeitsplatz den größten Teil ihrer Wachzeit verbringen und sich daher auch hier wohl fühlen sollten.

Der War of Talents hat begonnen und er wird auch über die Architektur und die Gestaltung der Arbeitswelten geführt. Welche Rolle Architektur und Arbeitsplatz-Gestaltung im Employer Branding spielen, werde ich in einem kommenden Artikel beleuchten.


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