„Man bekommt eine sehr klare Aufgabe, wenn man eine Brücke plant.“
– Jutta und Johannes erzählen von der Karlsruher Brücke



Projekte

„Leichter Schwung“ hat das Wettbewerbsteam, bestehend aus Projektleiterin Jutta Göttlicher, Johannes Feder, Lena Nehl und David Schlaht, unsere erste Brücke getauft. Der Name ist gut gewählt, denn mit eben diesem leichten Schwung überspannt die 54 Meter lange Brücke eine Schnellstraße und verbindet die Hubschrauberlandeplattform des Städtischen Klinikums Karlsruhe mit der Helios Klinik für Herzchirurgie. In Zukunft können Patient:innen so viel schneller und sicherer transportiert werden. Als dynamischer und zugleich ruhiger Körper ordnet sich die Brücke architektonisch unter und fließt dialogisch in den städtebaulichen Kontext ein. Helle Farben und Materialien greifen den Kanon der Klinikgebäude auf. Skulpturale Gabelstützen beziehen sich mit ihrer Verästelung auf benachbarte Bäume und ermöglichen ein filigranes und ökonomisches Tragwerk. Entstanden ist der Entwurf in Zusammenarbeit mit Werner Sobek Ingenieure.

Über Teams haben Jutta und Johannes mir ein paar Fragen zum Wettbewerb beantwortet. Im Gespräch erfahrt ihr etwas über die Besonderheiten und Herausforderungen des Brückenbaus, die Zusammenarbeit mit Werner Sobek Ingenieure und wie es weitergeht.

 

 

Wie kam es überhaupt dazu, dass ihr eine Brücke geplant habt?

Nicole Schindler, die unsere VGV Verfahren betreut, betrachtet ganz unterschiedliche Ausschreibungen mit verschiedenen Bautypen. Letztlich hat sie das Verfahren vorgeschlagen, Caspar fand es spannend und dann hatten wir Glück, dass wir übers Losverfahren reingekommen sind und teilnehmen konnten.

Werden wir in Zukunft noch mehr Brücken bauen?

Mit unserem Büro sind wir grundsätzlich breit aufgestellt. Wenn sich in der Richtung nochmal etwas ergibt, werden wir das sicher machen! Es gab in der Zwischenzeit auch einen anderen Wettbewerb für eine größere Brücke in Köln, leider hatten wir nicht die passenden Qualifikationen, um teilnehmen zu können. Wir hatten kein Ingenieurbüro mit den entsprechenden Qualifikationen finden können. An der Stelle hilft es natürlich auch, diese kleine Brücke zu bauen. Dadurch kommen wir in andere Verfahren besser rein.

Was unterscheidet den Brückenbau von anderen Bauwerken? Was ist das Besondere?

Johannes hält einen dicken Wälzer hoch: „Brücken. Historische Entwicklung – Faszination der Technik.“ Man muss Bücher lesen! Das Buch ist schon etwas älter, aber das Prinzip bleibt immer das gleiche: von A nach B. Brücken sind linear, sie verbinden einen Punkt mit dem anderen. Gebäude machen das meistens nicht. Insofern bekommt man eine sehr klare Aufgabe, wenn man eine Brücke plant. Brücken haben natürlich auch viel mehr mit Tragwerk zu tun – sie sind einfach nur Tragwerk. Wir reden hier auch über Spannweiten, wie man sie in Gebäuden selten entwerfen würde, weil das unökonomisch wäre. Brücken sind genau dafür da, dass man weit spannt.

„Das Prinzip bleibt immer das gleiche: von A nach B.“

 

Das Besondere an unserer Brücke ist der städtische Kontext. Es gibt zwar viele Fußgängerbrücken, die meistens über Straßen führen, sodass keine Ampeln benötigt werden. Hier wurden allerdings zwei Kliniken über einen Straßen- und Stadtraum verbunden – das ist schon etwas Besonderes. Wir mussten überlegen, wie sich die Brücke in den Stadtraum eingliedert und gleichzeitig zu den Gebäuden passt. Die Anschlüsse mussten besonders bedacht werden.

Die Brücke ist für den Krankentransport gedacht, was musste hierbei beachtet werden?Die Brücke sollte nicht nur ästhetisch wirken, sondern vor allem auch funktionieren. Sie sollte zum Beispiel nicht transparent, aber trotzdem gut belichtet sein. Wir mussten überlegen, wie man mit diesen Krankenwägen gut und schnell um die Ecke kommt. Deshalb haben wir uns für den leichten Schwung entschieden: Er erleichtert den Krankentransport und schützt zugleich die Bestandsbäume.

 

Wie lief die Zusammenarbeit mit Werner Sobek Ingenieure? Was macht eine interdisziplinäre Zusammenarbeit aus?

Es war von Anfang an eine ganz entspannte Zusammenarbeit. Wir Architekt:innen bringen durch unser Studium ein gewisses Verständnis für Tragwerk mit, und das Ingenieurbüro hat eine gewisse Affinität zur Architektur und auch zur Ästhetik. Da ist man schnell auf der gleichen Schiene. Wenn das gegenseitige Verständnis da ist, wird die Zusammenarbeit sehr fruchtbar. Wenn ich mir da was Wildes ausdenke, komme ich natürlich nicht so weit.

„Wenn das gegenseitige Verständnis da ist, wird die Zusammenarbeit sehr fruchtbar.“

 

 

Wieso bricht die Brücke im Entwurf ab und ist unvollendet?

Weil die Brücke über eine Straße – den öffentlichen Raum – führt, musste für die Gesamtbrücke ein Wettbewerb ausgeschrieben werden. Es ging um die Verbindung von der Hubschrauberlandeplattform des Städtischen Klinikums zur Helios Klinik auf der anderen Straßenseite. Die Brücke ist aber auch dafür gedacht, in Zukunft das Gebäude des Städtischen Klinikums mit seiner Landeplattform zu verbinden. Die Plattform ist schließlich in erster Linie fürs Städtische Klinikum und nicht für die Helios Klinik gedacht. Die Auftragslage ist hier ein bisschen kompliziert: Die Verbindung von der Landeplattform zum Städtischen Klinikum liegt eigentlich im Aufgabenbereich von dem Büro, das auch die Plattform macht. Deshalb war der Wettbewerb auch so komisch ausgeschrieben: Nur die Verbindung von der Plattform zur Helios Klinik sollte gezeigt werden. Obwohl feststeht, dass die Verbindung in die andere Richtung weitergehen muss. Wir haben natürlich die Brücke als Ganzes geplant, aber nicht gezeigt, nur angedeutet. Wir sind gespannt, wie sich die Auftragslage im Projektverlauf entwickelt. Es ist nicht sinnvoll, auf der Mitte der Brücke plötzlich die Architektursprache zu ändern.

Wie kam es zur Idee der Verästelung der beiden Stützen?

Es war nicht die erste Idee! Zunächst haben wir an eine abgehängte Schrägseilkonstruktion gedacht mit nur einem Pylon auf einer Seite. Wir durften jedoch im öffentlichen Raum keine Stützen setzen und die Spannweite musste so weit wie möglich gehen. Wir mussten versuchen, ca. 30 Meter frei zu überspannen – so viele Konstruktionen bleiben da dann nicht mehr übrig. Zusätzlich sollte die Brücke verkleidet sein, die Vorgabe war, die Brücke zu umschließen – sie musste auch klimatisiert sein. Das hätte bei einer Schrägseilbrücke nicht funktioniert, weil die Windlasten zu groß wären. Also haben wir auf etwas Statisches zurückgegriffen, das die Kräfte vom Boden zur Brücke direkt überträgt. Mit den Gabelstützen kann man einerseits auf den Baugrenzen bleiben, also auf den Grundstücken der Kliniken, und man verringert durch die Auskragung die Spannweite in der Mitte. Dadurch wird das Tragwerk der Brücke selbst filigraner – der Fachwerkträger hat nicht so massive Ausmaße. Obwohl die Stützen filigran aussehen, sind sie massiv und haben am Fußpunkt einen Durchmesser von 1,5 Meter. Das ist nicht wenig! Das war der Kompromiss für die Spannweite und das Tragwerk. Es gab zu Beginn auch eine Variante, in der die Stützen noch kleinteiliger waren und mehr wie Äste aussahen. Die Idee lebt in der abstrakteren Gabelform fort.

 

Und wie geht’s jetzt weiter?

Das Juryurteil weist darauf hin, dass der Anschluss von den Stützen noch ausgearbeitet werden muss. Schön ist, dass man gewonnen hat, aber auch weiß, was man noch besser machen kann. Aber das Gerüst steht – und es ist ein sehr gutes Gerüst, mit dem man arbeiten kann. Ein paar spannende Aufgaben gilt es noch zu lösen. Und ansonsten müssen wir eine Arbeitsgemeinschaft mit Werner Sobek Ingenieuren bilden. Das ist auch das Schöne an diesem Wettbewerb, dass von Anfang an klar war, dass man mit dem Ingenieurbüro, mit dem man den Wettbewerb gemacht hat, auch das Projekt umsetzt. Das ist nicht immer so, da Bauherren auch oft ihre eigenen Ingenieure haben, mit denen sie gerne arbeiten. In diesem Fall war das von Anfang an klar, was auch seine Vorteile hat. Schließlich ist die Zusammenarbeit mit Werner Sobek Ingenieuren schon etabliert. In 1,5 Jahren soll die Brücke schon eröffnet werden – es muss also bald losgehen!

„Schön ist, dass man gewonnen hat, aber auch weiß, was man noch besser machen kann.“

 

Ein letzter Satz?

Vielen Dank an Lena und David für eure tatkräftige Unterstützung in den letzten Tagen!

Das Projektteam des Wettbewerbs Brücke Städtisches Klinikum Karlsruhe besteht aus: Jutta Göttlicher (Projektleitung), Johannes Feder, Lena Nehl und David Schlaht.



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